Das Kreuz mit der Swissness

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Jost Dubacher

13.05.2016

Am ersten Januar 2017 werden die die Bestimmungen der so genannten «Swissness-Vorlage» in Kraft treten. Was sind die konkreten Folgen für Schweizer Firmen? Christophe Saam von der Neuenburger Patent- und Markenanwaltskanzlei P&TS gibt Auskunft und hat einen wertvollen Tipp für potenzielle Gründer. 

Vielen Schweizer Unternehmern ist es gar nicht bewusst, aber es ist wahr: Der Gebrauch des weissen Kreuzes auf rotem Grund zu werblichen Zwecken ist zurzeit – bis auf wenige Ausnahmen etwa im Souvenirgeschäft − verboten. «Der Punkt ist einfach, dass kaum je gegen eine Verwendung geklagt wird», kommentiert Christophe Saam von P&TS. Und wo kein Kläger, da auch kein Verfahren.

Weniger klar geregelt ist der Gebrauch der Herkunftsbezeichnung Schweiz. Bei der Vermarktung von Dienstleistung ist er unter gewissen Bedingungen seit 1992 erlaubt; bei Produkten orientiert sich die Rechtsprechung an der 50-Prozent-Regel: Wenn die Hälfte der Wertschöpfung in der Schweiz erbracht wird, gilt ein Produkt als «swiss made».

Die gute Nachricht bezüglich der Swissness-Vorlage, welche das Parlament im Sommer 2013 verabschiedet hat, lautet deshalb: Endlich wissen alle Beteiligten, woran sie sind. Namen oder Abbildungen mit einem Schweizerischen Herkunftshinweis dürfen nur noch verwendet, beziehungsweise als Marken genutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen den Swissness-Anforderungen genügen. Und das sind die Regeln für den Gebrauch des Kreuzes und der Herkunftsbezeichnung Schweiz:

  • Bei Naturprodukten muss der Ort der Ernte oder Gewinnung in der Schweiz liegen.
  • Bei Lebensmitteln müssen mindestens 80 Prozent des Gewichts der in der Schweiz verfügbaren Rohstoffe aus der Schweiz stammen; ausserdem müssen wesentliche Verarbeitungsschritte hier geschehen.
  • Bei Industrieprodukten müssen mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten sowie wesentliche Fabrikationsschritte in der Schweiz anfallen.
  • Dienstleistungen müssen aus der Schweiz heraus von einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen erbracht werden.

Wer sich um diese Vorschriften foutiert, kann künftig auf der Grundlage von klaren Bestimmungen verklagt und belangt werden. «Deshalb», sagt Experte Christophe Saam, «sollte jedes Unternehmen, das mit dem Standort Schweiz wirbt, eine Risikoanalyse erstellen.»

Aufgrund dieser Auslegeordnung kann schliesslich entschieden werden: Entweder man verzichtet im Vertrieb auf die Vorteile einer Marke mit einem Hinweis auf die Schweiz oder man nimmt – wenn nötig – Anpassungen in Beschaffung, Produktion und Leistungserbringung vor. Die Übergangsfrist beträgt zwei Jahre und läuft bis Anfang 2019.

Komplizierter wird es, wenn ein Unternehmen den Begriff Schweiz im Firmennamen oder das Kreuz im Logo führt. «Ein Zwang, entweder den Anforderungen der Swissness-Vorlage zu genügen, oder umgekehrt den Namen zu ändern, existiert nicht», erklärt Christophe Saam. Mit anderen Worten: Die Namen und Logos können zum Beispiel auf Briefköpfen für die geschäftliche Korrespondenz weiterverwendet werden.

Anders hingegen auf den Produkten und in der Werbung: «Hier greifen die allgemeinen Swissness-Regeln», hält Christophe Saam fest. Wenn die Waren und Dienstleistungen den Anforderungen nicht genügen, müssen anstelle des Firmennamens herkunftsneutrale Marken zum Einsatz kommen.

Ratschlag für Gründer
Für den Fachmann ergibt sich daraus eine klare Botschaft an die Adresse von potenziellen Jungunternehmern und Gründern: Sie sollten bei der Wahl des Firmennamens und des Logos auf alles verzichten, was auf die Schweizer Herkunft schliessen lässt. «Gerade in der Startphase», so Saam, «sollte man das knappe Geld nicht in eine aufwändige Multimarkenstrategie investieren.»      

Laut Saam gilt dieser Ratschlag auch für Jungfirmen, deren Produkte und Dienstleistungen den «Swissness»-Anforderungen ohne Wenn und Aber genügen. Denn eine Produktpalette kann sich mit der Zeit verändern und nachträgliche Änderungen des Marktauftritts sind erfahrungsgemäss mit erheblichen Kosten verbunden.

Bild: Hans Braxmeier

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